Kaffee HAG + KABA

 

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Im Frühjahr 2015 bin ich losgezogen, um den Bremer Hafen zu erforschen. Entdeckt habe ich das große ehemalige Fabrikgelände von Kaffee HAG und KABA. Inzwischen verwaist und teilweise schon etwas heruntergekommen.
Großartige Pläne am Eingang des Geländes für dessen Gestaltung künden von ins Stocken geratenen Investorenträumen. Es sei ein „schwieriges Objekt“, so die Inhaberfirma Sirius facilities, die das Gelände als Bestandteil eines „Paketes“ gekauft hat und nun nicht gewinnbringend los wird. Lediglich zwei Gebäude scheinen dauerhaft vermietet zu sein. Ansonsten wird selektiv und kurzfristig für Fernseh-/Filmproduktionne, Werbefirmen usw. vermietet.
Neben Phantasien über mögliche gemeinnützige und selbstverwaltete Nutzungsmöglichkeiten hat mich die Architektur sehr interessiert. Nach ersten Außenaufnahmen 2015 hatte ich dann 2016 die Möglichkeit, auch innerhalb der Gebäude zu fotografieren.

Zur Geschichte der Fabrik und ihrer Architektur (nach: bremen-freizeit.de): Mit Kaffee-HAG ( Kaffee-Handels-AG) wurde Ludwig Roselius, der Erfinder des koffeinfreien Kaffees, weltberühmt. Das Verfahren, den Kaffeebohnen das Koffein zu entziehen, ließ sich Roselius 1906 patentieren und zur gleichen Zeit nahm auch die Fabrik im Holz- und Fabrikenhafen in den alten Bremer Hafenrevieren ihre Arbeit auf. Höchst „modern“ sogar mit Fließbändern.
Zu Kaffee HAG kamen die Marken „KABA – der Plantagentrank“ und der koffeinhaltige Onko-Kaffee hinzu. Alle Produkte firmieren heute unter der Dachmarke Kraft Foods.
Die vom Architekten Hugo Wagner entworfene Industriearchitektur ist einerseits typisch für ihre Zeit, aber auch wegweisend. Diese Fabrik war die erste, die aus Eisenbeton gebaut wurde. Man verabschiedete sich von historistischer Dekorations­architektur und plante funktional. Roselius ließ die Dächer in Anlehnung an Walmdächer konstruieren, auch das eine Besonderheit der alten Gebäude. Walter Gropius, Gründer des Bauhauses, lobte das stimmige Zusammenspiel von Industrie und Technik als modellhafte Industriearchitektur.
In rotem Backstein (klassischer Ziegel-Industriebau der Gründerzeit) und mit altem Palmen-Logo an der Seitenwand steht in der HAG-Straße auch das KABA-Gebäude. Die (gelbe) Fassade des sechsgeschos­sigen HAG-Turms, in dem die Extraktion des Koffeins stattfand, wurde restau­riert und das Firmenlogo prangt wieder am Giebel. Im Haus gegenüber des Kaba-Gebäudes liegt der alte, jetzt restaurierte Marmorsaal, der einst für Repräsentationszwecke gebaut wurde: mit Säulen, Wänden und Tischplatten aus weißem Marmor und edlen Jugendstil-Vitrinen aus poliertem Holz.
Das ganze Gelände mit seiner Bebauung steht unter Ensembleschutz. Theoretisch sollen alle Gebäude saniert und typische Merkmale restauriert werden. Das Innenleben soll den Bedürfnissen eventueller Nutzer angepasst werden. Aber wie schon eingangs erwähnt, ist die Situation davon noch extrem weit entfernt.
Meine Fotografien bieten einen Streifzug durch vier Gebäudeteile: HAG-Turm, KABA-Haus, Forschungs- bzw. Entwicklungsabteilung und Verwaltungsgebäude.

Das Bremer Hafenmuseum im Speicher XI bietet hin und wieder Führungen über das Gelände an.

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